Rückblick 2023

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Liebe Tierfreunde, Unterstützer und Förderer des Hagel Hof e.V.,

es ist ja längst zur Tradition geworden, dass ich mich am Ende eines ereignisreichen Jahres in einem der wenigen ruhigen Momente mit einem heißen Tee an meinen Schreibtisch setzte, um die vergangenen 12 Monate Revue passieren zu lassen. So also auch in diesem Jahr und ich komme nicht umhin, Ihnen gleich zu Beginn mitzuteilen: Ich bin froh, dass 2023 seinen Abschluss gefunden hat. Dass innerhalb eines Jahres gleichermaßen Höhen wie Tiefen auftreten, ist völlig normal. Ein Jahreszyklus hält immer Momente der Freude und Euphorie bereit, die in schöner Erinnerung bleiben. Aber auch Phasen der Trauer, Augenblicke der Verzweiflung und Situationen des Hoffens und Bangens gehören dazu. Das alles ist nicht neu und dennoch war das vergangene Jahr wie selten eines zuvor davon geprägt, dass die Momente der Extreme einander unmittelbar ablösten, in einander übergingen oder sich auch überschnitten. Die Monate, die hinter mir liegen, haben sich angefühlt wie ein kräftezerrendes Wechselbad der Gefühle und einer meiner größten Wünsche für 2024 ist Kontinuität – im Idealfall natürlich im Sinne einer Chronologie des Schönen. 

Aber lassen Sie mich Ihnen davon erzählen, was sich im letzten Jahr bei uns auf dem Hagel Hof so alles zugetragen hat:  Begonnen hat das Jahr sehr positiv mit einem Fernsehbeitrag im NDR, an dessen Anschluss wir einige neue Spender gewinnen konnten. Das war ein gutes Gefühl und hat uns in den ersten Monaten viel Kraft gegeben. Die Freude über die vielen neuen Spender wehrte allerdings nicht besonders lange, denn nach und nach sind einige von ihnen von ihrer Spende wieder zurückgetreten. Das war natürlich enttäuschend für mich, aber wissen sie was? Ich habe Verständnis dafür. Einerseits sind da die gesellschaftlichen Entwicklungen, die allgemeinen Preissteigerungen, die sich im Vergleich zum letzten Jahr nicht spürbar verbessert, sondern bestenfalls auf hohem Niveau stabilisiert haben. 

Angesichts der Herausforderungen, vor denen manche Haushalte (und ja, auch wir natürlich) stehen, ist es jedem Einzelnen im besonderen Maße hoch anzurechnen, überhaupt karitative Zwecke geldlich zu unterstützen. Diese Bewunderung und Anerkennung geht natürlich raus an Sie, liebe Spender, die allen Widrigkeiten zum Trotz immer noch da sind und mir mit ihren Beiträgen ermöglichen, den Tieren ein lebenswertes Dasein zu bieten. Das verdient höchsten Respekt, den ich Ihnen hiermit nachdrücklich ausspreche! 

Leider habe ich viel zu wenig Zeit mich angemessen um sie zu kümmern. Ich bedauere zutiefst nicht mehr Kapazitäten dafür aufbringen zu können, unsere Spender und Spenderinnen regelmäßig(er) mit Informationen zu versorgen, ihnen eine Art telefonische Sprechstunde anzubieten oder anderweitig einen engeren Kontakt herzustellen. Bitte sehen sie mir dieses Defizit nach, ich selbst bin sehr unglücklich damit. Die auch in diesem Jahr nicht abgebrochene Fluktuation im Personal ist ein großer Faktor, der viel Zeit, Kraft und Aufwand frisst. 

Es ist wirklich bedauerlich, keine personelle Konstanz herstellen zu können, da mir eine solche die Freiräume verschaffen könnte, die es für eine bessere Betreuung der Spender so dringend braucht. Insofern nimmt es nicht wunder, dass auch die Spendeneinnahmen im Dezember im Vergleich zum Vorjahr um 30% zurückgegangen sind. Vor diesem Hintergrund werde ich nicht müde zu betonen: Danke, dass Sie uns weiterhin unterstützen!

Aber zurück zu den Tieren und den konkreten Aufgaben auf dem Hof: Das erste Vierteljahr haben wir neben den alltäglichen Aufgaben vor allem darauf verwendet, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Neben dem Fernsehbeitrag gab es Zeitungsartikel und sogar einen Podcast, zu dem ich eingeladen wurde. Mit Beginn des Frühlings standen die jahreszeittypischen Aufgaben auf der Agenda: Wir haben einige Pferde auf die Sommerweide gebracht, die Schildkröten ausgewintert, die Schafe und Alpakas geschoren und den Hof insgesamt frühlingsgerecht hergerichtet, d.h. Laub entfernt, Sträucher gestutzt und vieles mehr. 

Mit Einbruch des Winters – das ist vielleicht interessant zu erwähnen – beginnen wir dann damit, dasselbe Programm gewissermaßen rückwärts abzuspulen. Wir holen die Pferde und Schildkröten wieder rein, isolieren die Außengehege und machen alles (wieder) winterfest. Es gibt Aufgaben, die laufen einfach jedes Jahr gleich und ich kann nicht leugnen, dass diese Routine einen beruhigenden Effekt auf mich hat, mir bei aller Unsicherheit, die das Betreiben so eines Hofes zwangsläufig mit sich  bringt, eine gute Orientierung und Halt schenken. 

Dieses Jahr auffällig und deshalb anders als sonst, war die Häufigkeit, mit der verschiedene Ämter in Vermittlungsabsicht an uns herangetreten sind. Jeweils wurden tierschutzwidrig gehaltene Tiere beschlagnahmt und sollten an Orte gegeben werden, an denen sie unter besseren Umständen weiterleben können. Unser Hagel Hof ist da natürlich ein gefragter Ansprechpartner, wenngleich wir aus Kapazitätsgründen längst nicht allen Anfragen genügen können. 

In zwei sehr speziellen Fällen waren wir im vergangenen Jahr aber in der Lage zu helfen, sodass sowohl drei Wallabys als auch zwei Stachelschweine bei uns eingezogen sind. Insbesondere bei letzteren haben wir alles gegeben, um eine Möglichkeit zur Unterkunft zu schaffen, da die Alternative ein Zoo oder Tierpark gewesen wäre – für nachtaktive Tiere wie Stachelschweine ist das (mehr noch als für alle anderen) eine Zumutung. Neben diesen Exoten haben wir zusätzlich noch Hähne, Puten und Tauben – ebenfalls aus Beschlagnahmungen – bei uns aufgenommen. Neben Neuankömmlingen mussten wir uns aber  auch 2023 natürlich von vielen Tieren verabschieden, darunter Mastputer Quinn, der tatsächlich seinen vierten Geburtstag bei uns erlebt hat. Sein Tod ebenso wie jener von Hündin Schnuppe haben mir enorm zu schaffen gemacht, weil ich zu beiden Tieren ein sehr spezielles Verhältnis hatte. Abschied nehmen ist nie leicht und aus meiner ganz persönlichen Erfahrung heraus kann ich auch nicht behaupten, dass es mit der Zeit und der Häufigkeit irgendwie leichter würde. Ein liebgewonnenes Individuum zu verlieren ist einfach jedes Mal aufs Neue ein unglaublich tragischer Moment, der in voller Intensität durchzustehen ist. 

Um mein Schreiben aber nicht mit allzu viel Trübsal abzuschließen, habe ich mir mein herzerwärmendes Jahreshighlight bewusst für den Schluss aufgehoben. So kann ich meine Rekapitulation des Jahres mit einem Lächeln beenden und Sie mit der schönen Gewissheit verabschieden, dass es Ihre Spenden sind, die derlei Geschichten ermöglichen: 

Im Oktober des Jahres erhielt ich einen Anruf. Ein Tierrechtsaktivist hat mir davon erzählt, in der vorausgegangenen Nacht im Rahmen einer Recherche in einer Schweinezuchtanlage gewesen zu sein. Dort habe er ein winziges, völlig abgemagertes Ferkel beobachtet, das sichtlich mit dem Tod rang. Es war völlig hilflos und lag da in Erwartung eines leidvollen Sterbeprozesses. Kurzerhand hat der Aktivist sich das zerbrechliche Wesen in die Pullovertasche gesteckt und es mit zu sich nachhause genommen. Am Telefon sagte er mir, er habe das getan, damit es zumindest nicht dort auf dem kalten Betonboden vor sich hin sterben müsse. 

Er nahm das Ferkel also in der Überzeugung mit, es zwar nicht retten, es aber in den Tod begleiten zu können. Ich war natürlich sofort tief bewegt von der Geschichte und habe das Ferkel in der festen Absicht, es noch irgendwie aufzupäppeln, auf den Hof geholt. Es wog da, obwohl schon mindestens eine Woche alt, gerade einmal 900g. Beim Anblick dieses hilflosen Häufchens Existenz hatte ich tatsächlich selbst auch keine großen Hoffnungen, aber habe alles in meiner Macht stehende getan, um wenigstens die Chance des Überlebens zu wahren. 

Wir haben Sami (so der Name) ins Warme zu den Schildkröten gebracht, ihn dort unter Rotlicht in ein Hundekörbchen gelegt, alle zwei Stunden nach ihm geschaut und mit Ferkelmilch versorgt. Und was soll ich sagen? Gemeinsam mit Ammi, einem weiteren Ferkel, das wir aufgenommen haben, tobt Sami mittlerweile voller Lebensfreude auf der Wiese herum, flitzt umher, wühlt im Boden und genießt in vollen Zügen sein Schweineleben. So und nicht anders soll es sein! 

In diesem Sinne und mit diesen Schwingungen verabschiede ich mich von Ihnen – voller Dankbarkeit und mit den besten Wünschen für 2024.

Liebe Grüße

Barbara Deppe

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